Was sind passive Sicherheitssysteme und wie schützen sie uns?
Sicherheitsgurt und Airbag sind vermutlich die ersten passiven Sicherheitssysteme, die einem in den Sinn kommen, wenn man nach Beispielen sucht. Allerdings war die Fahrzeugbeleuchtung das erste passive Sicherheitssystem, welches zur Unfallvermeidung erfunden wurden. Es folgten der Rückspiegel und Vierradbremsen. Knautschzone und der Dreipunkt-Sicherheitsgurt erweiterten den Insassenschutz. Dann kamen Kopfstützen und schließlich der Airbag hinzu. Maßgebliche Bedeutung jedes einzelnen Meilensteins in der Fahrzeugentwicklung hatte die Unfallforschung. Ziel jeder Neu- und Weiterentwicklung war und ist es, die Auto-Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und Insassen eines Fahrzeugs bei Autounfällen, Pannen und Schäden zu schützen. Als Abgrenzung zu aktiven Sicherheitssystemen, wie Fahrerassistenzsysteme, sind die passiven Schutzengel im Einsatz, wenn der Unfall schon passiert ist. Zur finanziellen Absicherung für Geschädigte nach einem Verkehrsunfall dient eine Autoversicherung. Nur mit dieser können Sie ein Auto bei der Zulassungsstelle anmelden.
Schutz durch Sicherheitsgurte und Kopfstützen
Sicherheitsgurt und Kopfstütze zeigen nur zusammen die beste Wirkung. Der Sicherheitsgurt hält den Körper in einer stabilen Position und verhindert, dass Insassen nach vorne geschleudert oder aus dem Sitz geworfen werden. Dabei verteilt er die Aufprallenergie gezielt auf stabile Körperbereiche wie Becken, Brustkorb und Schultern, wodurch empfindlichere Regionen wie Kopf und Hals entlastet werden. Gleichzeitig begrenzt er die Vorwärtsbewegung des Körpers, sodass der Kopf nicht unkontrolliert mit dem Armaturenbrett, der Windschutzscheibe oder anderen Fahrzeugteilen zusammenstößt. Die Erfindung des Gurtstraffers verringerte das Risiko, durch den Gurt Verletzungen wie Prellungen und Knochenbrüche zu erleiden. Im Gegensatz zum Sicherheitsgurt stoppen Kopfstützen eine Rückwärtsbewegung – die des Kopfes. Sie verhindern ein plötzliches Überstrecken bzw. Überdehnen des Nackens. Besonders bei einem Heckaufprall wird der Körper nach vorne gedrückt, während der Kopf durch seine Trägheit zunächst zurückschnellt.
Airbags – Lebensrettende Technologien
Der Airbag ist ein selbstaufblasendes Luftkissen, welches vor allem Kopf und Oberkörper der Fahrzeuginsassen bei Unfällen vor lebensgefährlichen Verletzungen schützen soll. Front Airbags sind an harten Fahrzeugteilen wie dem Lenkrad oder dem Armaturenbrett verbaut. Auch in den Türen sind inzwischen Seiten-Airbags Standard, um die seitliche Knautschzone des Fahrzeugs zu vergrößern. Da die herkömmlichen Seiten-Airbags hauptsächlich den Oberkörper vor Verletzungen schützen, wurden für den Kopf spezielle Kopf-Airbags entwickelt. Außerdem befinden sich in der Fahrzeugfront mancher Autos Knie-Airbags. Ganz gleich, ob Front-, Kopf-, Knie- oder Seiten-Airbag: Damit sich das Aufprallkissen aufbläst, müssen die Crash-Sensoren im Bordcomputer des Autos einen Aufprall registrieren. Geschieht das, wird ein Automatismus in Gang gesetzt und die sogenannte Wickelfeder erhält das Signal, den Airbag auszulösen. Bei Frontalzusammenstößen arbeiten Crash-Sensoren und die Sitzbelegungsmatte des Beifahrersitzes zusammen. Gibt die Sitzbelegungsmatte das Signal, das der Beifahrersitz belegt ist, öffnet sich der Airbag. Ist der Beifahrersitz frei, bleibt der Airbag ungeöffnet. Allerdings muss nach wie vor der Airbag des Beifahrersitzes aktiv ausgeschaltet werden, wenn Sie einen Kindersitz, Maxi-Cosi bzw. eine Babyschale dort platzieren.
Energieabsorption und Fahrzeugstruktur
Die sich an Front und Heck des Fahrzeugs befindlichen Knautschzonen spielen eine zentrale Rolle in der passiven Fahrzeugsicherheit. Sie bestehen aus speziell entwickelten Materialien und Komponenten, die sich bei einem Aufprall gezielt verformen. Durch diesen kontrollierten Deformationsprozess wird die kinetische Energie des Aufpralls schrittweise abgebaut, bevor sie die Fahrgastzelle erreicht. Für den Schutz bei seitlichen Kollisionen sorgt der integrierte Seitenaufprallschutz. Verstärktes Stahlblech an der Karosserie oder hochfeste Materialien in den Türen nehmen die einwirkenden Kräfte auf und verteilen sie gezielt. So wird die Energie des Aufpralls über die Karosserie des Fahrzeugs abgeleitet und die Verformung des Innenraums verringert.
Zusammenspiel der Sicherheitskomponenten
Die Sicherheit eines Fahrzeugs basiert auf dem präzisen Zusammenspiel von Knautschzone, Seitenaufprallschutz und Fahrgastzelle. Bei einem Frontal- oder Heckaufprall übernehmen die Knautschzonen die Hauptlast der einwirkenden Kräfte. Ihre gezielte Verformung sorgt dafür, dass die Aufprallenergie schrittweise abgebaut wird, bevor sie den Innenraum erreicht. Dadurch wird die Wucht des Aufpralls erheblich reduziert und die Belastung für Fahrer, Beifahrer und weitere Mitfahrer verringert. Bei seitlichen Kollisionen kommt der Seitenaufprallschutz ins Spiel. Ergänzt durch Seitenairbags, welche empfindliche Körperbereiche wie Kopf, Brust und Becken schützen, trägt diese Sicherheitsmaßnahme entscheidend dazu bei, schwere Personenschäden zu vermeiden. Den letzten Schutzschild bildet die Fahrgastzelle . Sie bleibt auch bei starken Zusammenstößen möglichst intakt und verteilt die verbleibenden Kräfte über die Fahrzeugstruktur. Durch ihre hohe Stabilität bewahrt sie einen möglichst intakten Innenraum für die Insassen und minimiert das Risiko, dass Fahrzeugteile eindringen.
Sicherheit durch spezielles Glas
In Autos werden Einscheiben- und Verbundsicherheitsgläser verbaut, um Glasschäden nach Autounfällen mehr zu kontrollieren. Verbundsicherheitsglas besteht aus zwei identischen Glasscheiben, welche mit einer Kunststoffschicht zusammengeklebt werden. Bei einem Unfall bleibt es entweder als Verbund erhalten oder zerfällt in kleine, abgerundete Teile, die weniger gefährlich sind als scharfe Glassplitter. Zudem verhindert Verbundsicherheitsglas das Eindringen von Gegenständen oder Personen bei einem Zusammenstoß. Einscheibensicherheitsglas ist thermisch vorgespanntes Kalk-Natron-Glas. Zerbricht es, geschieht dies ohne die charakteristischen scharfen und spitzen Kanten einfachen Glases.
Schutzsysteme im Fahrzeuginneren
Während Knautschzonen und die Fahrgastzelle die Aufprallenergie von außen ableiten und aufnehmen, sorgt der Innenraum für eine gezielte Dämpfung der verbleibenden Kräfte. Dies geschieht durch energieabsorbierende Materialien an Armaturenbrett, Türverkleidungen und Sitzen. Zusätzlich minimieren gezielt platzierte Polsterungen und weiche Oberflächen das Risiko schwerer Verletzungen durch harte Fahrzeugteile.
Bei einem starken Aufprall kann der Motorraum deformiert werden, wodurch Brems-, Kupplungs- oder Gaspedal in den Fußraum gedrückt werden könnten. Das Pedalrückzugsystem verhindert schwere Bein- oder Fußverletzungen, indem es die Pedale im Moment der Kollision automatisch zurückzieht oder abknickt.
Systeme für Überschlag- und Heckaufprallschutz
Das Zusammenspiel von Verformungselementen, Heckaufprallschutz und Dachversteifung sorgt dafür, dass die Aufprallenergie kontrolliert abgebaut und die Fahrzeugstruktur stabil gehalten wird. Dadurch bleibt der Innenraum der Fahrgastzelle möglichst unverändert. Bei einem Überschlag kommt die Dachversteifung ins Spiel. Verstärkte Strukturen und hochfeste Materialien sorgen dafür, dass das Dach nicht übermäßig nachgibt. Gleichzeitig leiten Verformungselemente einen Teil der Aufprallenergie ab. Diese Kombination verhindert ein zu starkes Eindringen der Fahrzeugstruktur in den Innenraum und reduziert das Risiko schwerer Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen. Bei einem Heckaufprall sind besonders die Insassen auf den Rücksitzen gefährdet. Der Heckaufprallschutz besteht aus verstärkten Querträgern und speziell entwickelten Verformungszonen, die die Aufprallenergie aufnehmen und schrittweise abbauen. Verformungselemente im Heckbereich absorbieren einen Großteil der kinetischen Energie und verhindern, dass das Heck zu stark in die Fahrgastzelle eindringt. Gleichzeitig sorgt die Dachversteifung dafür, dass sich die Gesamtstruktur des Fahrzeugs nicht unkontrolliert verformt, was die Insassen zusätzlich schützt.
Schutz gefährdeter Verkehrsteilnehmer
Neben Fußgängern zählen Kinder zu den besonders gefährdeten Personen im Straßenverkehr. Vor allem im Fahrzeug sollen sie auf besondere Weise geschützt werden. Um dies bestmöglich zu gewährleisten, bieten Fahrzeuge die Kindersitzverankerung Isofix. Sie gewährleistet eine solide Verbindung zwischen Fahrzeug und Kindersitz. Daneben sind Seitenairbags oft so konzipiert, dass sie Kinder nicht gefährden. Zusätzlich verhindern Kindersicherungen das ungewollte Öffnen der Türen. Sensoren an den Seitenfenstern bieten des Weiteren einen Einklemmschutz beim Schließen der Fenster. Fußgänger werden bei einem Unfall durch aktive Motorhauben und Fußgängerairbags geschützt. Aktive Motorhauben heben sich automatisch an, wenn Sensoren eine Kollision mit einem Fußgänger erkennen. Dadurch entsteht mehr Platz zwischen der Motorhaube und dem harten Motorblock, was den Aufprall abmildert. Zudem wird die Entfernung zur Windschutzscheibe erhöht, was schwere Kopfverletzungen reduzieren soll. Wenn Autos mit Fußgängerairbags ausgestattet sind, entfalten sich diese meist am unteren Rand der Windschutzscheibe oder an der A-Säule, sodass der Aufprall gedämpft wird.
Sichtbarkeit und Beleuchtung als passive Sicherheit
Das Licht der Scheinwerfer am Auto dient dem Sehen und Gesehenwerden. Dem Sehen dient vor allem das Abblendlicht, welches Ihnen bei Dunkelheit die Fahrbahn ausleuchtet. Auch das Fernlicht und die Nebelscheinwerfer sollen ein besseres Ausleuchten der Straße bewirken. Standlicht, Tagfahrlicht und Nebelschlussleuchte machen Ihr Fahrzeug für andere Verkehrsteilnehmer besser erkennbar. Rückfahrlicht und Blinker dienen vor allem zum besseren Erkennen Ihrer Fahrtrichtung bzw. den beabsichtigten Richtungswechsel. Und zu guter Letzt reiht sich das Bremslicht in die Aufzählung ein. Es dient als Warnlicht, indem es dem Ihnen folgenden Fahrer eine deutliche Minderung Ihrer Geschwindigkeit anzeigt. Das Anbringen von Reflektoren sei es als Folien, Aufkleber oder Anbauteile ist lediglich für gewerblich genutzte Fahrzeuge sowie für Behördenfahrzeugen gestattet.
Vorschriften und Standards für passive Sicherheitssysteme
Passive Sicherheitssysteme in Autos müssen strenge gesetzliche Anforderungen und Testverfahren erfüllen, um die bestmögliche Sicherheit von Insassen und Fußgängern zu gewährleisten. In der EU regelt die ECE-Regelung Nr. 94 den Frontalaufprallschutz, während die ECE-Regelung Nr. 95 Anforderungen für den Seitenaufprallschutz definiert. Für Rückhaltesysteme wie Sicherheitsgurte, Isofix und Airbags gelten Normen wie ECE-Regelung Nr. 16 . Fußgängerschutzmaßnahmen, aktive Motorhauben und energieabsorbierender Stoßfänger unterliegen den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 78/2009 . Die Euro NCAP-Crashtests bewerten die Sicherheit von Fahrzeugen in verschiedenen Szenarien, darunter Frontal-, Seiten- und Pfahlaufprall sowie Fußgängerschutz. Anhand verschiedener Kriterien in den 4 Hauptkategorien Schutz erwachsener Fahrzeuginsassen, Sicherheit von Kindern, die Sicherheit ungeschützter Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger- und Radfahrer sowie die im Fahrzeug integrierten Sicherheitsassistenten wird die Fahrzeugsicherheit bewertet.